Inzwischen habt Ihr sicher alle mitbekommen, daß unser Filmprogramm im ALHAMBRA immer mehr Lücken aufweist. Es ist wohl an der Zeit, Euch genauer zu erklären, in welchem Dilemma wir stecken.

ERST MAL ZU UNS....

Seit 2 1/2 Jahren, also seit das ALHAMBRA existiert, versuchen wir als Filmgruppe ein Stück "Gegenöffentlichkeit" zu verwirklichen. Wir sind ca. 10 Leute und treffen uns jeden Freitag um 20 Uhr im AZ. Wir freuen uns über jede(n), die/der an Filmarbeit interessiert ist und Lust und Zeit hat, bei uns mitzumachen. Filmarbeit kostet tatsächlich viel Zeit: wir haben 2 Filmtermine pro Woche und der Freitagabend geht meistens mit der Organisation, der Zusammenstellung und Bekanntmachung der Filme drauf. Zu inhaltlichen Diskussionen kommen wir leider selten. Sicherlich ist es bereits aufgefallen, daß unser monatl. Programm nach dem Konzept thematischer Filmreihen aufgebaut ist. Das besagt, daß wir zu einem gewählten Thema verschiedene Filme aussuchen, um damit dem Publikum die Möglichkeit zu geben, verschiedene Aspekte der filmischen Verarbeitung (sowohl inhaltlich als auch filmtechnisch) zu vergleichen und zu diskutieren. Was uns fehlt ist allerdings der Kontakt zum Publikum- bei einem Medium, das sich geradezu dazu anbietet, verkonsumiert zu werden, ist es schwer, Interesse zu wecken, das über eine Filmvorführung hinausgeht. Dabei wären wir für Anregungen zu neuen Reihen od. auch einzelnen Filmen sehr dankbar.

...NUN ZU ANDEREN !

Mit unserer Arbeit wollen wir eine Alternative zum OL Kinoangebot entwickeln, welches sich unserer Meinung nach extrem verschlechtert hat, seit Herr Urhahn hier sein Kinomonopol aufgebaut hat (nur das Kreyenbrücker Kino gehört ihm nicht). Hatte man bei seinem Vorgänger, Herrn Born zumindestens gelegentlich den Eindruck, daß cineastische Interessen berücksichtigt wurden, so strebt Herr Urhahn augenscheinlich nur noch kommerzielle Erfolge nach dem Muster Sex and Crime, Sensations- und Katastrophenfilme, Western und Kung-Fu an. (Für seltene "Bonbons" im Studio Z gibt es dann den Gilde- Preis). Funktion und Auswirkung solcher Filme bdürfen sicherlich noch einer breiteren kritischen Betrachtung. Uns schwebt vor, dazu vielleicht in naherer Zukunft eine Veranstaltung zu machen, auf der wir auch unser Sommerprogramm vorstellen möchten.

WIR HABEN JETZT DIE SCHNAUZE VOLL, ES IST GENUG, ER TREIBT´S ZU TOLL....

denn anscheinend sieht Herr Urhahn den angestrebten Reibach durch uns gefährdet, und fängt an, uns ins Programm zu pfuschen. Allerdings sehen wir darin nicht ausschließlich einen unfreundlichen Akt, sondern mußten erfahren, daß unsere "gegenöffentlichkeit" eben auf marktwirtschaftliche Grenzen stößt. Wir haben erst hier richtig kapiert, daß auch kritische Filme Waren sind, die zu Markte getragen werden, Filmarbeit und Filmverleih sind ein Geschäft, das wie jedes andere, kapitalistischen Gesetzen unterworfen ist.
Als Clubkino sind unsere Rechte gegenüber den Verleihen gering oder gleich Null - die Verleihbedingungen sehen so aus, daß kommerzielle Abspielstellen uneingeschränkt bevorteilt sind. (Wer zuerst kommt, mahlt also nicht unbedingt zuerst !)
Im Klartext: Herr Urhahn kann bei den Verleihen sein Interesse an Filmen bekunden und erreicht damit automatisch, daß diese Filme für uns gesperrt werden, ohne daß er sich verpflichten muß, sie selber zu bringen. Selbst Verleihe, die ein "progressives" Image pflegen, wie der Filmverlag der Autoren, reihen sich in diese Praxis ein.
Wir bemühen uns, viele Filme von alternativen Verleihen zu beziehen, deren Angebot leider nicht sehr vielfältig ist. Würden wir nur von ihnen beziehen, wäre unser Programm weniger abwechslungsreich, wie´s scheinbar gewünscht wird. Denn eine Erfahrung haben wir auch gemacht: politische Filme, die nicht gerade die heißen Renner waren, hatten oft nur die Filmgruppe als Publikum. Uns stellt sich jetzt die Frage, wie wir unter diesen Bedingungen weiterarbeiten können. Wir nehmen an, daß auch Publikum Interesse hat, weiterhin für wenig Geld gute Filme zu sehen und uns daher in dieser Stunde der Not mit Rat und Tat zur Seite stehen wird. Eines ist klar: so schnell werfen wir die Flinte nicht ins Korn.

An dieser Stelle ein kurzer Überblick über unser verhindertes Programm seit weihnachten:

Filmverlag der Autoren
Eine Reise ins Licht............................................nicht bekommen
Die linkshändige Frau.........................................nicht bekommen
Die neapolitanischen Geschwister.......................nicht bekommen
Der amerikanische Freund..................................nach schriftlicher Zusage kurzfristig telef. abgesagt.

Atlas Filmverleih
Die Abfahrer......................................................nach schriftl. Bestätigung kurzfristig abgesagt.

20th Century Fox
Little Big Man...................................................nach schriftl. Bestätigung kurzfristig abgesagt.
Alexis Sorbas u.
Der Mann den sie Pferd nannten.........................gar nicht erst bekommen.
Dieser Verleih hat erkärt, daß er uns keine Filme mehr geben wird.

Filmwerk München
Bildnis einer Trinkerin..........................................nicht bekommen

Also, überwiegend neuere Produktionen, die noch Geld einspielen.
Nochmals: alle diese Filme haben wir nicht bekommen, weil eine kommerzielle Spielstelle in Oldenburg Interesse bekundet hat.
 

Aus: NORDWIND No. 26, März 1980, S. 8/9