ALHAMBRA- Filmgruppe lädt ein:
Wir haben uns dazu entschlossen, in diesem Halbjahr eine Filmreihe zu zeigen, die sich mit der politischen Situation in Lateinamerika beschäftigt. Unsere Absicht ist es, vermittels der Filme die Ursachen von ökonomischer Ausbeutung und politischer Repression aufzudecken, und uns auf diese Weise ein besseres Bild/ Urteil über die - von den kapitalistischen Metropolen in Abhängigkeit gehaltenen - Länder der „Dritten Welt“ zu verschaffen. Wir hoffen, daß in den Filmen ebenso der Versuch zum Ausdruck kommt, daß gegen die alltägliche Unterdrückung von seiten der Militärdiktaturen kollektiver Widerstand organisiert und durchgesetzt wird. Die Filmarbeiten haben großenteils dokumentarischen Charakter und sind zum Teil in der Illegalität gedreht worden.
Hier die Termine der Filme:
  1. Mi. 29.11. 20 h. Die Verräter (Los Traidores), Argentinien 1973. Regie: Cine de la Base.
  2. Mi. 13.12. 20 h. Das Blut des Condors (Yawar Maliku). Bolivien 1969, Regie: George Sanjines.
  3. Mi. 3.1. 20 h. Die Kinder der Unterentwicklung (Los Hijos del Subdesarollo), Kolumbien 1975, Regie: Carlos Alvarez.

  4. Mi. 3.1 20 h. Ziegeleiarbeiter (Chircales), Kolumbien 1972, Regie: Marta Rodriguez, Jorge Silva

  5. Mi. 17.1.20 h. Die Schlacht von Chile (La Batalla de Chile), Teil I: Der Kampf eines unbewaffneten Volkes, Chile/ Kuba 1973- 76, Regie: Patricia Guzman.
  6. Mi. 31.1. 20 h. Die Schlacht von Chile, Teil II: Der Staatsstreich, Chile/ Kuba 1973-76, Regie: Patricio Guzman.
Zu 1):
DIE VERRÄTER wurde 1973 von dem argentinischen Filmkollektiv „Cine de la Base“ (Basiskino) verfaßt. Diese Gruppe, die sich vor allem gegen die stärker werdenden reaktionären Kräfte innerhalb des Peronismus wandte, ist der trotzkistisch orientierten „Revolutionären Partei der Arbeiter“ (PRT) zuzuordnen, die den Sozialismus mit Hilfe des bewaffneten Kampfes verwirklichen wollte. Es handelt sich um einen Film über die Arbeiterklasse Argentiniens, über ihre Kämpfe und ihre Schwierigkeiten bei der Anwendung einer revolutionären Ideologie. Er ist eine politische Reflexion über die Widersprüche innerhalb der Gewerkschaftsbewegung; er versucht, die Methoden zu entlarven, die von einer korrupten Gewerkschaftsbürokratie praktiziert werden mit dem Ziele, die Gewerkschaften mit bürgerlicher Ideologie zu durchdringen.
Der Spielfilm schildert die Karriere eines peronistischen Vorarbeiters, der - zum Gewerkschaftsboß avanciert - eine Mafia, ein System der Korruption um sich aufbaut, mit den Kapitalisten paktiert, die Arbeiter verrät und schließlich von Guerrilleros ermordet wird.
Rekonstruiert wird dabei der Fall Vandor und ähnlicher rechts­peronistischer Gewerkschaftsbosse. Gleichzeitig entwickelten sich durch Arbeiterkämpfe Strukturen eines klassenorientierten Syndikalismus   neue Alternativen der Organisation, die es erlaubten, politische und militärische Instrumente für die Übernahme der Macht zu schaffen.
Finanziert wurde dieses relativ aufwendige Filmprojekt durch ein genossenschaftliches System, nachdem jeder der Beteiligten seine Arbeitskraft zunächst investierte und erst aus den Einkünften entlohnt wurde. Der Film war zwar nicht für den Kinoeinsatz gedacht, aber das ab 1973 regierende peronistische Regime verhinderte ihn auch. (Peron kam 1973 aus dem Madrider Exil zurück und übernahm die Regierung. ) Die Filmemacher setzten ihn also an der Basis ein, in den Arbeitervierteln, in Versammlungsräumen der PRT, in ihnen zugänglichen Lokalitäten. Nicht selten hatten sie sich dabei rechts­peronistischer Schlägertruppen zu erwehren, auch sollen Bombenattentate gegen die Vorführung „Der Verräter“ unternommen worden sein. Trotzdem war dieser Einsatz erfolgreich, wenn auch gefährlich. Stets gab es   als wesentlicher Bestandteil der Vorführung   Diskussionen, in denen der demonstrative Schluß des Films in eine konkrete, parteiliche Handlungsanweisung münden konnte.
Mit dem Militärputsch vom 24. März 1976, der den noch heute herrschenden General Videla an die Macht brachte, mußte das militante argentinische Kino in den Untergrund zurückkehren   nach einer kurzen Phase legaler und halblegaler Aktivität.
Eintritt: 2.50 DM